Entwicklung von Motorkühlsystemen bei
erhöhten Anforderungen an
transiente Betriebsbedingungen
Johann Betz
Lothar Beck
Stefan Micko
Audi AG
Ingolstadt, Deutschland
Josef Hager
Roland Marzy
Thomas Gumpoldsberger
STEYR-DAIMLER-PUCH
Engineering Center Steyr GmbH
Austria
22. Int. Wiener Motorensymposium 2001
Wien, Österreich
Dr.-Ing. J. Betz, Dr.-Ing. L. Beck, Dr.-Ing. S. Micko, AUDI AG, Ingolstadt;
Dipl.-Ing. J. Hager, Dipl.-Ing. R. Marzy, Dipl.-Ing. T. Gumpoldsberger,
Steyr Daimler Puch, Engineering Center Steyr;
Entwicklung von Motorkühlsystemen bei erhöhten Anforderungen an
transiente Betriebsbedingungen
Development Of Engine Cooling Systems For Increased Demands At
Transient Operating Conditions
Kurzfassung
Bei Personenkraftwagen mit hoher Antriebsleistung werden an das Kühlsystem heutzutage
extreme Anforderungen gestellt. Bisher orientierte man sich bei der Auslegung der Kühlung an
stationären Fahrzeugbetriebspunkten, die eine Maximalanforderung darstellen, wie Bergfahrt
bei voller Beladung mit Anhänger und Fahrt mit Höchstgeschwindigkeit bei hohen Umgebungs-
temperaturen. Im dichten Verkehr können jedoch ebenfalls Bedingungen auftreten, die ein
derart ausgelegtes Kühlsystem bis an den Rand seiner Leistungsfähigkeit belasten. Zur
Absicherung der Motorkühlung gegen Überlastung ist es daher auch erforderlich, das
instationäre Verhalten bei aufeinanderfolgenden Zyklen mit starken Beschleunigungsphasen
und anschließenden Abbremsvorgängen in die Auslegung mit einzubeziehen.
Da im Gegensatz zur stationären Betrachtung die Anzahl der freien Parameter wesentlich
erhöht wird, ist es sinnvoll, den Entwicklungsprozess durch die Simulation zu unterstützen, die
stichpunktartig mit Hilfe von Messungen verifiziert wird. Im Beitrag wird ein neues, von der
AUDI AG in Zusammenarbeit mit dem Engineering Center Steyr entwickeltes Verfahren
vorgestellt. Das Ziel war, ein Simulationsmodell mit einer angepassten Modellierungstiefe zu
erstellen, welches einerseits in der Lage ist, die instationären Vorgänge ausreichend genau zu
beschreiben. Andererseits sollten freie Parameter vermieden werden, die nicht durch
Messungen abgesichert werden können. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Unterstützung
des Entwicklungsingenieurs bei der Variation der bedeutenden Einflussgrößen wie z.B.
Kühlertyp und -größe, Lüfterdrehzahl und Kühllufteintritte.
Zur Untersuchung des Wärmemanagements bei den oben beschriebenen instationären
Vorgängen ist ein mehrere Teilsysteme umfassendes Gesamtmodell notwendig, welches unter
anderem den Motor, die Getriebecharakteristik, die am Fahrzeug wirkenden Traktionskräfte, die
Kühlluftströmung und die Flüssigkeitskreisläufe simultan abdeckt. Aufgrund der Komplexität der
innermotorischen Vorgänge nimmt das thermische Motormodell zur Simulation des in-
stationären Wärmeübergangs ans Kühlwasser eine zentrale Rolle ein. Parallel ist ein mit
Messungen verifiziertes einfaches Modell zur Beschreibung des Fahrzeugwärmehaushalts
Gegenstand einer eingehenderen Betrachtung. Hier zeigt sich insbesondere die hohe Güte der
instationären Modellierung der Kühlluftströmung und der Kopplung zum Wärmeübergang,
dessen Abgleich ausschließlich an stationären Fahrzeugbetriebspunkten erfolgt.
Abstract
For passenger cars with high engine power big demands are placed on the cooling system
today. Up to now the layout of cooling systems was based on steady state car operating
conditions such as hill climbing at full loading with trailer and driving at maximum vehicle speed
and high ambient temperatures. Under heavy traffic conditions however, a cooling system
dimensioned due to these rules might be charged to the limit of its capacity. To guarantee the
safe operation of the engine cooling system it is also necessary to include the transient
behaviour for subsequent cycles of sharp acceleration and deceleration in the dimensioning
process.
Contrary to the steady state view the number of possible parameters is considerably higher.
Thus it is useful to support the development process by simulation, which is systematically
verified by experiments. In this article a new procedure is presented developed by the AUDI AG
in cooperation with the Engineering Center Steyr. The target was to create a simulation tool
with appropriate modelling depth which can on the one hand describe the transient processes
exactly enough. On the other hand free parameters not verifiable by measurements should be
avoided. Another important point of view is the support of the development engineer at the
variation of important parameters like radiator type and size, fan speed and cooling air entries.
For the examination of the thermal heat management at unsteady operating conditions,
mentioned above, a general model is necessary, which consists of several subsystems and
describes the engine, the transmission characteristics, the tractive forces of the car, the cooling
air flow and the liquid flows simultaneously. Due to the high complexity of the internal heat
transfer mechanisms in the engine, the thermal engine model for the simulation of the unsteady
heat transfer to the cooling water plays an essential role. In parallel, a model for the heat
management of the car, verified by measurements, is an object of a detailed consideration.
Here a high quality of the transient modelling of the cooling air flow and its link to the heat
transfer is reached, although the calibration is made only at steady state operating conditions.
1. Einleitung
1.1 Problematik
Allgemein übliche Auslegungen von Kühlsystemen für PKW mit Verbrennungsmotoren
beziehen sich zumeist auf stationäre Betriebspunkte bei hohen Lasten. Es wird sichergestellt,
dass bei Bergfahrt und voller Beladung mit Anhänger, Fahrt mit Höchstgeschwindigkeit und im
Stadtverkehr bei hohen Außentemperaturen die zulässige Maximaltemperatur des Kühlmittels
nicht überschritten wird. Viele heute in Serie befindliche Kraftfahrzeuge mit hoher Motorisierung
werden bei einer Fahrgeschwindigkeit von 250 km/h leistungsbegrenzt. Die Motoren laufen
damit in der Teillast. Hier entspricht die Wärmeabgabe Q der Hochmotorisierung ans Kühl-
wasser nicht dem möglichen Maximum (vgl. Abb. 1, Mittlere Wärmeabgabe Q_Motor). Die
Wärmeabgabe des Kühlers an die Umgebung ist entsprechend der stationären Auslegung
identisch mit der anfallenden Motorabwärme bei v=250 km/h (vgl. Abb. 1, Kühlleistungs-
potential des Kühlers). Unter der Annahme, dass der Motor bei Beschleunigungen durch ein
stufenloses oder fein gestuftes Getriebe im Bereich des Leistungsoptimums bewegt wird, kann
die maximale Motorabwärme unter anderem schon bei niedrigeren Fahrgeschwindigkeiten
auftreten. Hier ist die Leistungsfähigkeit des Kühlsystems aufgrund der schlechteren
Durchströmung mit Kühlluft und Kühlwasser reduziert. Ein temporäres Kühlleistungsdefizit ist
die Folge. Es stellt sich daher die Frage, ob mit einer Auslegung bei vmax auch die
Überschreitung der Grenztemperatur des Kühlmittels bei sich wiederholenden Be-
schleunigungs- und Abbremsvorgängen auf Autobahnen im dichten Verkehr sicher vermieden
wird.
Abbildung 1: Mögliche Entstehung eines temporären Kühlleistungsdefizits bei Hoch-
motorisierungen mit Kühlsystemauslegung bei vmax = 250 km/h bei einer Vollast-
Beschleunigung aus einer niedrigen Fahrgeschwindigkeit. Annahme: Der Motor
wird bei Beschleunigungen durch ein stufenloses Getriebe im Bereich des
Leistungsoptimums bewegt.
1.2 Zielsetzung
Um die Absicherung derartiger Vollast-Beschleunigungsvorgänge bereits in der Konzeptphase
vornehmen zu können, ist eine Vorhersage durch die Simulation erforderlich. Insbesondere ist
ein transparentes Analysewerkzeug gefragt. Es soll im Serienentwicklungsprozess eine
schnelle Prognose des Kühlsystemverhaltens in Fahrzyklen mit ausreichender Genauigkeit
ermöglichen. Ferner ist die Integrationsfähigkeit für weitere numerische Methoden, wie z.B. in
[1][2][3] beschrieben, entsprechend der zum jeweiligen Zeitpunkt optimalen Modellierungstiefe
Voraussetzung.
In diesem Artikel wird die Ergebnisqualität einer gekoppelten numerischen und experimentellen
Vorgehensweise am Beispiel des Fahrzeugs A4 Avant V6 TDI 110 kW 6-Gang (Frontantrieb)
mit dem Simulationswerkzeug KULI [4] abgeleitet. Das wichtigste Kriterium bei der Wahl des
Fahrzeugs war die Eignung zur genauen Methodenverifikation. Es flossen zum einen stationäre
Messdaten ein, z.B. die Leistungsfähigkeit des Kühlsystems als Funktion der relevanten
Parameter ebenso wie das Wärmeübergangskennfeld des Motors. Andererseits wurden zur
Beschreibung des Wärmekapazitätsverhaltens und der instationären Wärmeströme an den
Kühlsystemgrenzen zusätzliche Referenzmessungen in relevanten Geschwindigkeitsbereichen
integriert.
Auf Basis der beschriebenen Simulationsergebnisse mit KULI wird abschließend eine Prognose
bezüglich kritischer Motor/Getriebekombinationen abgeleitet, bei denen eine Überlastung eines
rein nach stationären Gesichtspunkten ausgelegten Kühlsystems im Bereich der Kühlwasser-
temperaturen zu erwarten ist.
2. Modellerstellung und Modellabgleich
Die Modellierung des stationären Kühlsystemverhaltens wurde bereits in [4]-[12] detailliert
beschrieben und wird hier nicht mehr ausführlich diskutiert. Zur instationären Beschreibung
werden zusätzliche Messungen benötigt, die im folgenden näher beschrieben sind.
2.1 Eingabedaten
Für die Modellerstellung mit KULI werden eine Reihe von Eingabedaten, wie z.B. Lüftergrößen,
Wärmeübertragungseigenschaften von Wärmetauschern, die Verschaltung der Komponenten,
sowie die Wärmekapazitäten der beteiligten Fluide benötigt.
Zur Berechnung des Kühlluftstromes müssen folgende Daten zur Verfügung stehen:
• Luftdruckdifferenz zwischen den Kühlluftein- und –auslässen infolge Fahrtwindanströmung
aus Windkanalmessungen
• Luftwiderstände aller Komponenten in den Luftpfaden
• Luftwiderstände durch die Einbausituation (Umlenkungen, Querschnittsverengungen und
Querschnittserweiterungen, Umströmung eines Teiles des Motors etc.)
• Drucksteigerungskennlinien der Lüfter bei verschiedenen angelegten Spannungen
Lüfterkennlinien und Widerstände der Wärmetauscher werden im Zuge von Komponenten-
messungen ermittelt. Die durch die Einbausituation hervorgerufenen Luftwiderstände können
nicht direkt vermessen werden. Bei der am häufigsten verwendeten Methode wird der als
Einbauwiderstand bezeichnete Widerstand [11] dadurch ermittelt, dass aus dem am
Kühlmittelkühler gemessenen Wärmestrom der Luftdurchsatz ermittelt wird und dann der
Einbauwiderstand (mit z.B. parabelförmiger Kennlinie) so eingestellt wird, dass sich auch bei
der Simulation der gleiche Kühlluftstrom für diesen Wärmetauscher ergibt.
Die Verschaltung der Komponenten auf der Luftseite und auf der Wasserseite muss so
erfolgen, dass alle relevanten Strömungsformen erfasst werden. So muss zum Beispiel bei
nebeneinander angeordneten Lüftern, die auf einen Wärmetauscher wirken, die Luftströmung
in zwei getrennte Pfade aufgeteilt werden.
Für die Berechnung der Wärmebilanz werden folgende Daten benötigt:
• Wärmeübergangskennfelder der Wärmetauscher
• Wärmequellen (Motor, Getriebe, etc.)
• Wärmekapazitäten aller Massen die während der transienten Vorgänge erwärmt oder abge-
kühlt werden
Während die Wärmeübertragungseigenschaften der Wärmetauscher aus Komponenten-
messungen mit einer überschaubaren Parameteranzahl gewonnen werden, finden sich bei der
Hauptwärmequelle, dem Motor, eine Vielzahl von Einflussparametern. Die gesonderte
Untersuchung von Parametern kann dadurch umgangen werden, dass Wärmeströme unter
Randbedingungen ermittelt werden, wie sie später bei den zu betrachtenden transienten
Bedingungen auftreten. Aus dieser Sicht ist es sinnvoll, Referenzmessungen im Fahrzeug und
nicht am Motorenprüfstand durchzuführen.
2.2 Erforderliche Referenzmessungen am Fahrzeug
Das o.g. Fahrzeug wurde zunächst mit den erforderlichen Messstellen für die Massen- bzw.
Volumenströme und Temperaturen ausgerüstet und mit einem Doppel-E-Lüftersystem 400 +
200 W ausgestattet, welches im Gegensatz zum Seriensystem mit Visko- und E-Lüfter eine
direkte Einflussnahme auf die Kühlluftströmung durch wahlweises Zu- oder Abschalten zulässt.
Im Versuchsbetrieb wurde die thermostatische Regelung der Kühlwassertemperatur
unterbunden und die in jedem Betriebszustand eingespritzte Kraftstoffmenge gemessen.
Die Verifikation der Wärmekapazitäten im Kühlsystem wurde in einem 3-stufigen Verfahren am
Rollenprüfstand bei konstanter Umgebungstemperatur und konstantem Umgebungsdruck
sowie verschiedenen Fahrgeschwindigkeiten vorgenommen (vgl. Abb. 2). In Phase 1 erfolgte
jeweils eine stationäre Fahrt in der Ebene bis zur Beharrung der Kühlmitteltemperatur. In Phase
2 wurde die Motorlast bei unveränderter Fahrgeschwindigkeit sprunghaft erhöht. Die
Rollenkräfte des Prüfstands entsprachen dabei einem Steigungsbetrieb, der 90 % der
Motorvolllast bei gegenüber Phase 1 unveränderter Motordrehzahl erfordert. Nachdem sich im
Steigungsbetrieb die Kühlmitteltemperatur auf höherem Niveau konstant eingestellt hatte,
wurde in Phase 3 die Rollenkraft bei weiterhin gleichbleibender Fahrgeschwindigkeit wieder
sprunghaft auf, Fahrt in der Ebene‘‘ reduziert und die Abkühlung bis zum stationären Zustand
ermittelt. Die Motorabwärmen bei den zugehörigen Lastzuständen wurden aus den sich am
Ende von Phase 1 (Teillast) und 2 (90% Volllast) einstellenden stationären Zuständen ermittelt.
Abbildung 2: Referenzmessungen im Windkanal mit abwechselnder stationärer Fahrt in der
Ebene und im Steigungsbetrieb.
Der vom Motor abgeführte Wärmestrom findet sich zum überwiegenden Teil im Kühlwasser
wieder, da auch die an das Öl abgegebene Wärme über den Öl-Wasser-Wärmetauscher an
das Kühlwasser übergeht. Ein Teil der Wärme wird über die Motoroberfläche durch Konvektion
und Strahlung direkt an die Umgebung abgeführt. Dieser Anteil müsste dann gesondert
betrachtet werden, wenn sich die Randbedingungen durch unterschiedliche Einbausituationen
änderten. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die in das Kühlmittel abgeführte Wärme aus
Motorprüfstandsmessungen genommen würde, da am Prüfstand in der Regel andere
Umgebungsbedingungen als im fahrenden Fahrzeug vorliegen. Dies war mit ein Grund für die
Ermittlung der Wärmeströme aus den Fahrzeugmessungen. Temperaturdifferenzen und
Durchsätze wurden am Wasserkühler gemessen. Um dem Anspruch nach einer hohen
Genauigkeit der Temperaturdifferenzmessungen unter dem Hintergrund sehr kleiner
Temperaturdifferenzen von wenigen Kelvin gerecht werden zu können, wurden speziell
abgestimmte Messketten verwendet.
Zusätzlich zu den instationären Messungen am Rollenprüfstand wurden weitere stationäre
Wärmeabgaben des Motors ans Kühlwasser in einem größeren für die Fahrzyklen relevanten
Geschwindigkeits- und Lastbereich zwischen 60 km/h und vmax ermittelt. Mit Hilfe der
Rollenkraft und dem Antriebswirkungsgrad des Fahrzeugs konnte so das in Abb. 3 gezeigte
stationäre Wärmeübergangskennfeld des Motors ergänzt werden.
Da die Messpunkte eine Streuung aufweisen wurde eine Datenregression vorgenommen. So
wird ein ausreichend genauer Zusammenhang zwischen Betriebspunkt und Wärmestrom für
beliebige Drehzahl-/Lastpunkte hergestellt.
Abbildung 3: Wärmeübergangskennfeld des Motors, ermittelt aus der Fahrzeugmessung mit
Präferenz bei niedrigen Teil- und hohen Motorlasten.
2.3 Stationärer Modellabgleich
Eine schematische Darstellung des in KULI verwendeten Simulationsmodells zeigt Abb. 4. Im
Modell strömt die Kühlluft entlang zweier unabhängiger Luftpfade durch den Kondensator, den
Wasserkühler und die beiden Lüfter. Die übrigen Strömungswiderstände (Ziergitter, Motor)
wurden durch einen Einbauwiderstand modelliert. Da sich während der instationären Simulation
die Fahrgeschwindigkeit in einem sehr großen Bereich (ca. 60 - 250 km/h) ändert, muss ein
Modell verwendet werden, das über den gesamten Geschwindigkeitsbereich tauglich ist.
Abbildung 4: Simulationsmodell für die Luftseite und die Wärmeübertragung.
Der stationäre Abgleich wurde für 4 Betriebspunkte durchgeführt, die durch die Fahrzeug-
geschwindigkeit und die Fahrbahnsteigung festgelegt sind (Abb. 5). Dabei wurde jener
Einbauwiderstand mit parabelförmiger Kennlinie ermittelt, der für Messung und Simulation das
gleiche Temperaturniveau im Kühlmittel ergibt.
Abbildung 5: Stationärer Abgleich – Vergleich der Kühlmitteltemperaturen für 4 Betriebspunkte
charakterisiert durch Geschwindigkeit und Steigung.
Die Widerstandsparabel wurde so angepasst, dass die Summe der Fehlerquadrate der
Abweichungen für die 4 betrachteten Betriebspunkte ein Minimum wurde.
2.4 Instationärer Modellabgleich
Der Hauptunterschied zwischen den Modellen für die stationäre und instationäre Simulation
liegt in der Berücksichtigung der Wärmekapazitäten von Motor und Kühlsystem. Sind die
charakteristischen Zeiten, die sich für die Wärmeleitung im Motor und in den System-
komponenten sowie für Transportvorgänge (z.B. Umpumpen des Kühlwassers im Kühlkreislauf)
ergeben, klein gegenüber der Zeitskala mit der sich das Temperaturniveau des Gesamtsystems
ändert, so kann die thermische Trägheit von Motor und Kühlsystem durch sehr wenige, im
besten Fall sogar nur durch eine Wärmekapazität modelliert werden. Andernfalls muss ein
System aus Wärmekapazitäten und thermischen Widerständen verwendet werden.
Um das Ziel, ein möglichst einfaches Modell zur Simulation des instationären thermischen
Verhaltens von Motor und Fahrzeug zu erreichen, wurde ein Modell gemäß Abb. 6 gewählt. Es
besteht im wesentlichen aus zwei Massen, einer Wärmequelle und dem Wasserkühler. Motor
und Kühlsystem sind durch einen einfachen Kreislauf verbunden. Für das Aufwärmverhalten ist
die Wärmekapazität der Massen von Bedeutung. Eine Unterteilung in zwei Teilmassen ist
erforderlich, da sich jener Teil des Motors rasch erwärmen wird, der direkt mit dem Kühlmittel
und dem Öl in Berührung kommt, während ein anderer Teil die Temperaturänderung
zeitverzögert mitmacht. Unter den in Abb. 6 mit „Zentrale Masse“ bezeichneten Anteil sind
neben dem Kühlmittel selbst die unmittelbar mit ihm erwärmten Motormassen zu verstehen. Die
übrigen Massen werden zu den peripheren Massen gezählt. Während die gesamte
Wärmekapazität des Motors und des Kühlsystems aus den entsprechenden Massen und den
Materialeigenschaften ermittelt werden kann, erfolgt die Aufteilung in die Teilmassen und die
Bestimmung der Wärmeübertragung zu den peripheren Massen im Zuge der Modell-
abstimmung.
Wasserkühler Wasserkühler
Periphere
Massen Zentrale
Masse
Wärmequelle
k A .
Abbildung 6: Schematische Darstellung des verwendeten thermischen Motormodells.
In Abb. 7 ist für einen Lastsprung bei konstanter Drehzahl der gemessene und berechnete
zeitliche Temperaturverlauf des Kühlwassers dargestellt. Im Modell wurden die Wärme-
kapazitäten der beiden Massen und der Wärmeübergangskoeffizient derart angepasst, dass
sich für den betrachteten Zeitraum ein Minimum in der Summe der Fehlerquadrate zwischen
Messung und Rechnung ergab. Die maximale Abweichung zwischen Messung und Rechnung
betrug weniger als 1 K.
Der aus der Referenzmessung berechnete Summenwert für die Wärmekapazität der
peripheren und zentralen Massen betrug 130 kJ/K und lag damit sehr nahe bei dem aus den
Motor- und Komponentendaten berechneten Wert von 129 kJ/K. Die Abstimmung mit nur einer
Masse und einem Wärmeübergang erbrachte keine befriedigende Übereinstimmung des
simulierten mit dem gemessenen Temperaturverlauf.
Abbildung 7: Sprunghafter Temperaturanstieg bei plötzlicher Aufprägung einer Fahrbahn-