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克莱斯特《义子》Der Findling

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克莱斯特《义子》Der FindlingHeinrich von Kleist Der Findling Antonio Piachi, ein wohlhabender Güterh?ndler in Rom, war gen?tigt, in seinen Handelsgesch?ften zuweilen gro?e Reisen zu machen. Er pflegte dann gew?hnlich Elvire, seine junge Frau, unter dem Schutz ihrer Verwandten, daselbst zurü...
克莱斯特《义子》Der Findling
Heinrich von Kleist Der Findling Antonio Piachi, ein wohlhabender Güterh?ndler in Rom, war gen?tigt, in seinen Handelsgesch?ften zuweilen gro?e Reisen zu machen. Er pflegte dann gew?hnlich Elvire, seine junge Frau, unter dem Schutz ihrer Verwandten, daselbst zurückzulassen. Eine dieser Reisen führte ihn mit seinem Sohn Paolo, einem eilfj?hrigen Knaben, den ihm seine erste Frau geboren hatte, nach Ragusa. Es traf sich, da?hier eben eine pestartige Krankheit ausgebrochen war, welche die Stadt und Gegend umher in gro?es Schrecken setzte. Piachi, dem die Nachricht davon erst auf der Reise zu Ohren gekommen war, hielt in der Vorstadt an, um sich nach der Natur derselben zu erkundigen. Doch da er h?rte, da?das übel von Tage zu Tage bedenklicher werde, und da?man damit umgehe, die Tore zu sperren; so überwand die Sorge für seinen Sohn alle kaufm?nnischen Interessen: er nahm Pferde und reisete wieder ab. Er bemerkte, da er im Freien war, einen Knaben neben seinem Wagen, der, nach Art der Flehenden, die H?nde zu ihm ausstreckte und in gro?er Gemütsbewegung zu sein schien. Piachi lie? halten; und auf die Frage: was er wolle? antwortete der Knabe in seiner Unschuld: er sei angesteckt; die H?scher verfolgten ihn, um ihn ins Krankenhaus zu bringen, wo sein Vater und seine Mutter schon gestorben w?ren; er bitte um aller Heiligen willen, ihn mitzunehmen, und nicht in der Stadt umkommen zu lassen. Dabei fa?te er des Alten Hand, drückte und kü?te sie und weinte darauf nieder. Piachi wollte in der ersten Regung des Entsetzens, den Jungen weit von sich schleudern; doch da dieser, in eben diesem Augenblick, seine Farbe ver?nderte und ohnm?chtig auf den Boden niedersank, so regte sich des guten Alten Mitleid: er stieg mit seinem Sohn aus, legte den Jungen in den Wagen, und fuhr mit ihm fort, obschon er auf der Welt nicht wu?te, was er mit demselben anfangen sollte. Er unterhandelte noch, in der ersten Station, mit den Wirtsleuten, über die Art und Weise, wie er seiner wieder los werden k?nne: als er schon auf Befehl de r Polizei, welche davon Wind bekommen hatte, arretiert und unter einer Bedeckung, er, sein Sohn und Nicolo, so hie? der kranke Knabe, wieder nach Ragusa zurück transportiert ward. Alle Vorstellungen von Seiten Piachis, über die Grausamkeit dieser Ma?regel, halfen zu nichts; in Ragusa angekommen, wurden nunmehr alle drei, unter Aufsicht eines H?schers, nach dem Krankenhause abgeführt, wo er zwar, Piachi, gesund blieb, und Nicolo, der Knabe, sich von dem übel wieder erholte: sein Sohn aber, der eilfj?hrige Paolo, von demselben angesteckt ward, und in drei Tagen starb. Die Tore wurden nun wieder ge?ffnet und Piachi, nachdem er seinen Sohn begraben hatte, erhielt von der Polizei Erlaubnis, zu reisen. Er bestieg eben, sehr von Schmerz bewegt, den Wagen und nahm, bei dem Anblick des Platzes, der neben ihm leer blieb, sein Schnupftuch heraus, um seine Tr?nen flie?en zu lassen: als Nicolo, mit der Mütze in der Hand, an seinen Wagen trat und ihm eine glückliche Reise wünschte. Piachi beugte sich aus dem Schlage heraus und fragte ihn, mit einer von heftigem Schluchzen unterbrochenen Stimme: ob er mit ihm reisen wollte? Der Junge, sobald er den Alten nur verstanden hatte, nickte und sprach: o ja! sehr gern; und da die Vorsteher des Krankenhauses, auf die Frage des Güterh?ndlers: ob es dem Jungen wohl erlaubt w?re, einzusteigen? l?chelten und versicherten: da? er Gottes Sohn w?re und niemand ihn vermissen würde; so hob ihn Piachi, in einer gro?en Bewegung, in den Wagen, und nahm ihn, an seines Sohnes Statt, mit sich nach Rom. Auf der Stra?e, vor den Toren der Stadt, sah sich der Landm?kler den Jungen erst recht an. Er war von einer besonderen, etwas starren Sch?nheit, seine schwarzen Haare hingen ihm, in schlichten Spitzen, von der Stirn herab, ein Gesicht beschatte nd, das, ernst und klug, seine Mienen niemals ver?nderte. Der Alte tat mehrere Fragen an ihn, worauf jener aber nur kurz antwortete: ungespr?chig und in sich gekehrt sa? er, die H?nde in die Hosen gesteckt, im Winkel da, und sah sich, mit gedankenvoll scheuen Blicken, die Gegenst?nde an, die an dem Wagen vorüberflogen. Von Zeit zu Zeit holte er sich, mit stillen und ger?uschlosen Bewegungen, eine Handvoll Nüsse aus der Tasche, die er bei sich trug, und w?hrend Piachi sich die Tr?nen vom Auge wischte, nahm er sie zwischen die Z?hne und knackte sie auf. In Rom stellte ihn Piachi, unter einer kurzen Erz?hlung des Vorfalls, Elviren, seiner jungen trefflichen Gemahlin vor, welche sich zwar nicht enthalten konnte, bei dem Gedanken an Paolo, ihren kleinen Stiefsohn, den sie sehr geliebt hatte, herzlich zu weinen; gleichwohl aber den Nicolo, so fremd und steif er auch vor ihr stand, an ihre Brust drückte, ihm das Bette, worin jener geschlafen hatte, zum Lager anwies, und s?mtliche Kleider desselben zum Geschenk machte. Piachi schickte ihn in die Schule, wo er Schreiben, Lesen und Rechnen lernte, und da er, auf eine leicht begreifliche Weise, den Jungen in dem Ma?e lieb gewonnen, als er ihm teuer zu stehen gekommen war, so adoptierte er ihn, mit Einwilligung der guten Elvire, welche von dem Alten keine Kinder mehr zu erhalten hoffen konnte, schon nach wenigen Wochen, als seinen Sohn. Er dankte sp?terhin einen Kommis ab, mit dem er, aus mancherlei Gründen, unzufrieden war, und hatte, da er den Nicolo, statt seiner, in dem Kontor anstellte, die Freude zu sehn, da?derselbe die weitl?uftigen Gesch?fte, in welchen er verwickelt war, auf das t?tigste und vorteilhafteste verwaltete. Nichts hatte der Vater, der ein geschworner Feind aller Bigotterie war, an ihm auszusetzen, als den Umgang mit den M?nchen des Karmeliterklosters, die dem jungen Mann, wegen des betr?chtlichen Verm?gens das ihm einst, aus der Hinterlassenschaft des Alten, zufallen sollte, mit gro?er Gunst zugetan waren; und nichts ihrerseits die Mutter, als einen früh, wie es ihr schien, in der Brust desselben sich regenden Hang für das weibliche Geschlecht. Denn schon in seinem funfzehnten Jahre, war er, bei Gelegenheit dieser M?nchsbesuche, die Beute der Verführung einer gewissen Xaviera Tartini, Beischl?ferin ihres Bischofs, geworden, und ob er gleich, durch die strenge Forderung des Alten gen?tigt, diese Verbindung zerri?, so hatte Elvire doch mancherlei Gründe zu glauben, da?seine Enthaltsamkeit auf diesem gef?hrlichen Felde nicht eben gro?war. Doch da Nicolo sich, in seinem zwanzigsten Jahre, mit Constanza Parquet, einer jungen liebenswürdigen Genueserin, Elvirens Nichte, die unter ihrer Aufsicht in Rom erzogen wurde, verm?hlte, so schien wenigstens das letzte übel damit an der Quelle verstopft; beide Eltern vereinigten sich in der Zufriedenheit mit ihm, und um ihm davon einen Beweis zu geben, ward ihm eine gl?nzende Ausstattung zuteil, wobei sie ihm einen betr?chtlichen Teil ihres sch?nen und weitl?uftigen Wohnhauses einr?umten. Kurz, als Piachi sein sechzigstes Jahr erreicht hatte, tat er das Letzte und ?u?erste, was er für ihn tun konnte: er überlie?ihm, auf gerichtliche Weise, mit Ausnahme eines kleinen Kapitals, das er sich vorbehielt, das ganze Verm?gen, das seinem Güterhandel zum Grunde lag, und zog sich, mit seiner treuen, trefflichen Elvire, die wenige Wünsche in der Welt hatte, in den Ruhestand zurück. Elvire hatte einen stillen Zug von Traurigkeit im Gemüt, der ihr aus einem rührenden Vorfall, aus der Geschichte ihrer Kindheit, zurückgeblieben war. Philippo Parquet, ihr Vater, ein bemittelter Tuchf?rber in Genua, bewohnte ein Haus, das, wie es sein Handwerk erforderte, mit der hinteren Seite hart an den, mit Quadersteinen eingefa?ten, Rand des Meeres stie?; gro?e, am Giebel eingefugte Balken, an welchen die gef?rbten Tücher aufgeh?ngt wurden, liefen, mehrere Ellen weit, über die See hinaus. Einst, in einer unglücklichen Nacht, da Feuer das Haus ergriff, und gleich, als ob es von Pech und Schwefel erbaut w?re, zu gleicher Zeit in allen Gem?chern, aus welchen es zusammengesetzt war, emporknitterte, flüchtete sich, überall von Flammen geschreckt, die dreizehnj?hrige Elvire von Treppe zu Treppe, und befand sich, sie wu?te selbst nicht wie, auf einem dieser Balken. Das arme Kind wu?te, zwischen Himmel und Erde schwebend, gar nicht, wie es sich retten sollte; hinter ihr der brennende Giebel, dessen Glut, vom Winde gepeitscht, schon den Balken angefressen hatte, und unter ihr die weite, ?de, entsetzliche See. Schon wollte sie sich allen Heiligen empfehlen und unter zwei übeln das kleinere w?hlend, in die Fluten hinabspringen; als pl?tzlich ein junger Genueser, vom Geschlecht der Patrizier, am Eingang erschien, seinen Mantel über den Balken warf, sie umfa?te, und sich, mit eben so viel Mut als Gewandtheit, an einem der feuchten Tücher, die von dem Balken niederhingen, in die See mit ihr herablie?. Hier griffen Gondeln, die auf dem Hafen schwammen, sie auf, und brachten sie, unter vielem Jauchzen des Volks, ans Ufer; doch es fand sich, da? der junge Held, schon beim Durchgang durch das Haus, durch einen vom Gesims desselben herabfallenden Stein, eine schwere Wunde am Kopf empfangen hatte, die ihn auch bald, seiner Sinne nicht m?chtig, am Boden niederstreckte. Der Marquis, sein Vater, in dessen Hotel er gebracht ward, rief, da seine Wiederherstellung sich in die L?nge zog, ?rzte aus allen Gegenden Italiens herbei, die ihn zu verschiedenen Malen trepanierten und ihm mehrere Knochen aus dem Gehirn nahmen; doch alle Kunst war, durch eine unbegreifliche Schickung des Himmels, vergeblich: er erstand nur selten an der Hand Elvirens, die seine Mutter zu seiner Pflege herbeigerufen hatte, und nach einem dreij?hrigen h?chst schmerzenvollen Krankenlager, w?hrend dessen das M?dchen nicht von seiner Seite wich, reichte er ihr noch einmal freundlich die Hand und verschied. Piachi, der mit dem Hause dieses Herrn in Handelsverbindungen stand, und Elviren eben dort, da sie ihn pflegte, kennen gelernt und zwei Jahre darauf geheiratet hatte, hütete sich sehr, seinen Namen vor ihr zu nennen, oder sie sonst an ihn zu erinnern, weil er wu?te, da? es ihr sch?nes und empfindliches Gemüt auf das heftigste bewegte. Die mindeste Veranlassung, die sie auch nur von fern an die Zeit erinnerte, da der Jüngling für sie litt und starb, rührte sie immer bis zu Tr?nen, und alsdann gab es keinen Trost und keine Beruhigung für sie; sie brach, wo sie auch sein mochte, auf, und keiner folgte ihr, weil man schon erprobt hatte, da?jedes andere Mittel vergeblich war, als sie still für sich, in der Einsamkeit, ihren Schmerz ausweinen zu lassen. Niemand, au?er Piachi, kannte die Ursache dieser sonderbaren und h?ufigen Erschütterungen, denn niemals, so lange sie lebte, war ein Wort, jene Begebenheit betreffend, über ihre Lippen gekommen. Man war gewohnt, sie auf Rechnung eines überreizten Nervensystems zu setzen, das ihr aus einem hitzigen Fieber, in welches sie gleich nach ihrer Verheiratung verfiel, zurückgeblieben war, und somit allen Nachforschungen über die Veranlassung derselben ein Ende zu machen. Einstmals war Nicolo, mit jener Xaviera Tartini, mit welcher er, trotz des Verbots des Vaters, die Verbindung nie ganz aufgegeben hatte, heimlich, und ohne Vorwissen seiner Gemahlin, unter der Vorspiegelung, da?er bei einem Freund eingeladen sei, auf dem Karneval gewesen und kam, in der Maske eines genuesischen Ritters, die er zuf?llig gew?hlt hatte, sp?t in der Nacht, da schon alles schlief, in sein Haus zurück. Es traf sich, da? dem Alten pl?tzlich eine Unp??lichkeit zugesto?en war, und Elvire, um ihm zu helfen, in Ermangelung der M?gde, aufgestanden, und in den Speisesaal gegangen war, um ihm eine Flasche mit Essig zu holen. Eben hatte sie einen Schrank, der in dem Winkel stand, ge?ffnet, und suchte, auf der Kante eines Stuhles stehend, unter den Gl?sern und Caravinen umher: als Nicolo die Tür sacht ?ffnete, und mit einem Licht, das er sich auf dem Flur angesteckt hatte, mit Federhut, Mantel und Degen, durch den Saal ging. Harmlos, ohne Elviren zu sehen, trat er an die Tür, die in sein Schlafgemach führte, und bemerkte eben mit Bestürzung, da?sie verschlossen war: als Elvire hinter ihm, mit Flaschen und Gl?sern, die sie in der Hand hielt, wie durch einen unsichtbaren Blitz getroffen, bei seinem Anblick von dem Schemel, auf welchem sie stand, auf das Get?fel des Bodens niederfiel. Nicolo, von Schrecken bleich, wandte sich um und wollte der Unglücklichen beispringen; doch da das Ger?usch, das sie gemacht hatte, notwendig den Alten herbeiziehen mu?te, so unterdrückte die Besorgnis, einen Verweis von ihm zu erhalten, alle andere Rücksichten: er ri?ihr, mit verst?rter Beeiferung, ein Bund Schlüssel von der Hüfte, das sie bei sich trug, und einen gefunden, der pa?te, warf er den Bund in den Saal zurück und verschwand. Bald darauf, da Piachi, krank wie er war, aus dem Bette gesprungen war, und sie aufgehoben hatte, und auch Bediente und M?gde, von ihm zusammengeklingelt, mit Licht erschienen waren, kam auch Nicolo in seinem Schlafrock, und fragte, was vorgefallen sei; doch da Elvire, starr vor Entsetzen, wie ihre Zunge war, nicht sprechen konnte, und au?er ihr nur er selbst noch Auskunft auf diese Frage geben konnte, so blieb der Zusammenhang der Sache in ein ewiges Geheimnis gehüllt; man trug Elviren, die an allen Gliedern zitterte, zu Bett, wo sie mehrere Tage lang an einem heftigen Fieber darniederlag, gleichwohl aber durch die natürliche Kraft ihrer Gesundheit den Zufall überwand, und bis auf eine sonderbare Schwermut, die ihr zurückblieb, sich ziemlich wieder erholte. So verflo?ein Jahr, als Constanze, Nicolos Gemahlin, niederkam, und samt dem Kinde, das sie geboren hatte, in den Wochen starb. Dieser Vorfall, bedauernswürdig an sich, weil ein tugendhaftes und wohlerzogenes Wesen verloren ging, war es doppelt, weil er den beiden Leidenschaften Nicolos, seiner Bigotterie und seinem Hange zu den Weibern, wieder Tor und Tür ?ffnete. Ganze Tage lang trieb er sich wieder, unter dem Vorwand, sich zu tr?sten, in den Zellen der Karmeliterm?nche umher, und gleichwohl wu?te man, da? er w?hrend der Lebzeiten seiner Frau, nur mit geringer Liebe und Treue an ihr gehangen hatte. Ja, Constanze war noch nicht unter der Erde, als Elvire schon zur Abendzeit, in Gesch?ften des bevorstehenden Begr?bnisses in sein Zimmer tretend, ein M?dchen bei ihm fand, das, geschürzt und geschminkt, ihr als die Zofe der Xaviera Tartini nur zu wohl bekannt war. Elvire schlug bei diesem Anblick die Augen nieder, kehrte sich, ohne ein Wort zu sagen, um, und verlie?das Zimmer; weder Piachi, noch sonst jemand, erfuhr ein Wort von diesem Vorfall, sie begnügte sich, mit betrübtem Herzen bei der Leiche Constanzens, die den Nicolo sehr geliebt hatte, niederzuknieen und zu weinen. Zuf?llig aber traf es sich, da?Piachi, der in der Stadt gewesen war, beim Eintritt in sein Haus dem M?dchen begegnete, und da er wohl merkte, was sie hier zu schaffen gehabt hatte, sie heftig anging und ihr halb mit List, halb mit Gewalt, den Brief, den sie bei sich trug, abgewann. Er ging auf sein Zimmer, um ihn zu lesen, und fand, was er vorausgesehen hatte, eine dringende Bitte Nicolos an Xaviera, ihm, behufs einer Zusammenkunft, nach der er sich sehne, gef?lligst Ort und Stunde zu bestimmen. Piachi setzte sich nieder und antwortete, mit verstellter Schrift, im Namen Xavieras: ?gleich, noch vor Nacht, in der Magdalenenkirche.? - siegelte diesen Zettel mit einem fremden Wappen zu, und lie?ihn, gleich als ob er von der Dame k?me, in Nicolos Zimmer abgeben. Die List glückte vollkommen; Nicolo nahm augenblicklich seinen Mantel, und begab sich in Vergessenheit Constanzens, die im Sarg ausgestellt war, aus dem Hause. Hierauf bestellte Piachi, tief entwürdigt, das feierliche, für den kommenden Tag festgesetzte Leichenbegr?bnis ab, lie?die Leiche, so wie sie ausgesetzt war, von einigen Tr?gern aufheben, und blo?von Elviren, ihm und einigen Verwandten begleitet, ganz in der Stille in dem Gew?lbe der Magdalenenkirche, das für sie bereitet war, beisetzen. Nicolo, der in dem Mantel gehüllt, unter den Hallen der Kirche stand, und zu seinem Erstaunen einen ihm wohlbekannten Leichenzug herannahen sah, fragte den Alten, der dem Sarge folgte: was dies bedeute? und wen man herantrüge? Doch dieser, das Gebetbuch in der Hand, ohne das Haupt zu erheben, antwortete blo?: Xaviera Tartini: - worauf die Leiche, als ob Nicolo gar nicht gegenw?rtig w?re, noch einmal entdeckelt, durch die Anwesenden gesegnet, und alsdann versenkt und in dem Gew?lbe verschlossen ward. Dieser Vorfall, der ihn tief besch?mte, erweckte in der Brust des Unglücklichen einen brennenden Ha?gegen Elviren; denn ihr glaubte er den Schimpf, den ihm der Alte vor allem Volk angetan hatte, zu verdanken zu haben. Mehrere Tage lang sprach Piachi kein Wort mit ihm; und da er gleichwohl, wegen der Hinterlassenschaft Constanzens, seiner Geneigtheit und Gef?lligkeit bedurfte: so sah er sich gen?tigt, an einem Abend des Alten Hand zu ergreifen und ihm mit der Miene der Reue, unverzüglich und auf immerdar, die Verabschiedung der Xaviera anzugeloben. Aber dies Versprechen war er wenig gesonnen zu halten; vielmehr sch?rfte der Widerstand, den man ihm entgegen setzte, nur seinen Trotz, und übte ihn in der Kunst, die Aufmerksamkeit des redlichen Alten zu umgehen. Zugleich war ihm Elvire niemals sch?ner vorgekommen, als in dem Augenblick, da sie, zu seiner Vernichtung, das Zimmer, in welchem sich das M?dchen befand, ?ffnete und wieder schlo?. Der Unwille, der sich mit sanfter Glut auf ihren Wangen entzündete, go?einen unendlichen Reiz über ihr mildes, von Affekten nur selten bewegtes Antlitz; es schien ihm unglaublich, da?sie, bei soviel Lockungen dazu, nicht selbst zuweilen auf dem Wege wandeln sollte, dessen Blumen zu brechen er eben so schm?hlich von ihr gestraft worden war. Er glühte vor Begierde, ihr, falls dies der Fall sein sollte, bei dem Alten denselben Dienst zu erweisen, als sie ihm, und bedurfte und suchte nichts, als die Gelegenheit, diesen Vorsatz ins Werk zu richten. Einst ging er, zu einer Zeit, da gerade Piachi au?er dem Hause war, an Elvirens Zimmer vorbei, und h?rte, zu seinem Befremden, da? man darin sprach. Von raschen, heimtückischen Hoffnungen durchzuckt, beugte er sich mit Augen und Ohren gegen das Schlo?nieder, und - Himmel! was erblickte er? Da lag sie, in der Stellung der Verzückung, zu jemandes Fü?en, und ob er gleich die Person nicht erkennen konnte, so vernahm er doch ganz deutlich, recht mit dem Akzent der Liebe ausgesprochen, das geflüsterte Wort: Colino. Er legte sich mit klopfendem Herzen in das Fenster des Korridors, von wo aus er, ohne seine Absicht zu verraten, den Eingang des Zimmers beobachten konnte; und schon glaubte er, bei einem Ger?usch, das sich ganz leise am Riegel erhob, den unsch?tzbaren Augenblick, da er die Scheinheilige entlarven k?nne, gekommen: als, statt des Unbekannten den er erwartete, Elvire selbst, ohne irgend eine Begleitung, mit einem ganz gleichgültigen und ruhigen Blick, den sie aus der Ferne auf ihn warf, aus dem Zimmer hervortrat. Sie hatte ein Stück selbstgewebter Leinwand unter dem Arm; und nachdem sie das Gemach, mit einem Schlüssel, den sie sich von der Hüfte nahm, verschlossen hatte, stieg sie ganz ruhig, die Hand ans Gel?nder gelehnt, die Treppe hinab. Diese Verstellung, diese scheinbare Gleichgültigkeit, schien ihm der Gipfel der Frechheit und Arglist, und kaum war sie ihm aus dem Gesicht, als er schon lief, einen Hauptschlüssel herbeizuholen, und nachdem er die Umringung, mit scheuen Blicken, ein wenig geprüft hatte, heimlich die Tür des Gemachs ?ffnete. Aber wie erstaunte er, als er alles leer fand, und in allen vier Winkeln, die er durchsp?hte, nichts, das einem Menschen auch nur ?hnlich war, entdeckte: au?er dem Bild eines jungen Ritters in Lebensgr??e, das in einer Nische der Wand, hinter einem rotseidenen Vorhang, von einem besondern Lichte bestrahlt, aufgestellt war. Nicolo erschrak, er wu?te selbst nicht warum: und eine Menge Gedanken fuhren ihm, den gro?en Augen des Bildes, das ihn starr ansah, gegenüber, durch die Brust: doch ehe er sie noch gesammelt und geordnet hatte, ergriff ihn schon Furcht, von Elviren entdeckt und gestraft zu werden; er schlo?, in nicht geringer Verwirrung, die Tür wieder zu, und entfernte sich. Je mehr er über diesen sonderbaren Vorfall nachdachte, je wichtiger ward ihm das Bild, das er entdeckt hatte, und je peinlicher und brennender war die Neugierde in ihm, zu wissen, wer damit gemeint sei. Denn er hatte sie, im ganzen Umri?ihrer Stellung auf Knieen liegen gesehen, und es war nur zu gewi?, da?derjenige, vor dem dies geschehen war, die Gestalt des jungen Ritters auf der Leinwand war. In der Unruhe des Gemüts, die sich seiner bemeisterte, ging er zu Xaviera Tartini, und erz?hlte ihr die wunderbare Begebenheit, die er erlebt hatte. Diese, die in dem Interesse, Elviren zu stürzen, mit ihm zusammentraf, indem alle Schwierigkeiten, die sie in ihrem Umgang fanden, von ihr herrührten, ?u?erte den Wunsch, das Bild, das in dem Zimmer derselben aufgestellt war, einmal zu sehen. Denn einer ausgebreiteten Bekanntschaft unter den Edelleuten Italiens konnte sie sich rühmen, und falls derjenige, der hier in Rede stand, nur irgend einmal in Rom gewesen und von einiger Bedeutung war, so durfte sie hoffen, ihn zu kennen. Es fügte sich auch bald, da? die beiden Eheleute Piachi, da sie einen Verwandten besuchen wollten, an einem Sonntag auf das Land reiseten, und kaum wu?te Nicolo auf diese Weise das Feld rein, als er schon zu Xavieren eilte, und diese mit einer kleinen Tochter, die sie von dem Kardinal hatte, unter dem Vorwande, Gem?lde und Stickereien zu besehen, als eine fremde Dame in Elvirens Zimmer führte. Doch wie betroffen war Nicolo, als die kleine Klara (so hie? die Tochter), sobald er nur den Vorhang erhoben hatte, ausrief: ?Gott, mein Vater! Signor Nicolo, wer ist das anders, als Sie?? - Xaviera verstummte. Das Bild, in der Tat, je l?nger sie es ansah, hatte eine auffallende ?hnlichkeit mit ihm: besonders wenn sie sich ihn, wie ihrem Ged?chtnis gar wohl m?glich war, in dem ritterlichen Aufzug dachte, in welchem er, vor wenigen Monaten, heimlich mit ihr auf dem Karneval gewesen war. Nocolo versuchte ein pl?tzliches Err?ten, das sich über seine Wangen ergo?, wegzuspotten; er sagte, indem er die Kleine kü?te: wahrhaftig, liebste Klara, das Bild gleicht mir, wie du demjenigen, der sich deinen Vater glaubt! - Doch Xaviera, in deren Brust das bittere Gefühl der Eifersucht rege geworden war, warf einen Blick auf ihn; sie sagte, indem sie vor den Spiegel trat, zuletzt sei es gleichgültig, wer die Person sei; empfahl sich ihm ziemlich kalt und verlie?das Zimmer. Nicolo verfiel, sobald Xaviera sich entfernt hatte, in die lebhafteste Bewegung über diesen Auftritt. Er erinnerte sich, mit vieler Freude, der sonderbaren und lebhaften Erschütterung, in welche er, durch die phantastische Erscheinung jener Nacht, Elviren versetzt hatte. Der Gedanke, die Leidenschaft dieser, als ein Muster der Tugend umwandelnden Frau erweckt zu haben, schmeichelte ihn fast eben so sehr, als die Begierde, sich an ihr zu r?chen; und da sich ihm die Aussicht er?ffnete, mit einem und demselben Schlage beide, das eine Gelüst, wie das andere, zu befriedigen, so erwartete er mit vieler Ungeduld Elvirens Wiederkunft, und die Stunde, da ein Blick in ihr Auge seine schwankende überzeugung kr?nen würde. Nichts st?rte ihn in dem Taumel, der ihn ergriffen hatte, als die bestimmte Erinnerung, da?Elvire das Bild, vor dem sie auf Knieen lag, damals, als er sie durch das Schlüsselloch belauschte: Colino, genannt hatte; doch auch in dem Klang dieses, im Lande nicht eben gebr?uchlichen Namens, lag mancherlei, das sein Herz, er wu?te nicht warum, in sü?e Tr?ume wiegte, und in der Alternative, einem von beiden Sinnen, seinem Auge oder seinem Ohr zu mi?trauen, neigte er sich, wie natürlich, zu demjenigen hinüber, der seiner Begierde am lebhaftesten schmeichelte. Inzwischen kam Elvire erst nach Verlauf mehrer Tage von dem Lande zurück, und da sie aus dem Hause des Vetters, den sie besucht hatte, eine junge Verwandte mitbrachte, die sich in Rom umzusehen wünschte, so warf sie, mit Artigkeiten gegen diese besch?ftigt, auf Nicolo, der sie sehr freundlich aus dem Wagen hob, nur einen flüchtigen nichtsbedeutenden Blick. Mehrere Wochen, der Gastfreundin, die man bewirtete, aufgeopfert, vergingen in einer dem Hause ungew?hnlichen Unruhe; man besuchte, in- und au?erhalb der Stadt, was einem M?dchen, jung und lebensfroh, wie sie war, merkwürdig sein mochte; und Nicolo, seiner Gesch?fte im Kontor halber, zu allen diesen kleinen Fahrten nicht eingeladen, fiel wieder, in Bezug auf Elviren, in die übelste Laune zurück. Er begann wieder, mit den bittersten und qu?lendsten Gefühlen, an den Unbekannten zurück zu denken, den sie in heimlicher Ergebung verg?tterte; und dies Gefühl zerri?besonders am Abend der l?ngst mit Sehnsucht erharrten Abreise jener jungen Verwandten sein verwildertes Herz, da Elvire, statt nun mit ihm zu sprechen, schweigend, w?hrend einer ganzen Stunde, mit einer kleinen, weiblichen Arbeit besch?ftigt, am Speisetisch sa?. Es traf sich, da?Piachi, wenige Tage zuvor, nach einer Schachtel mit kleinen, elfenbeinernen Buchstaben gefragt hatte, vermittelst welcher Nicolo in seiner Kindheit unterrichtet worden, und die dem Alten nun, weil sie niemand mehr brauchte, in den Sinn gekommen war, an ein kleines Kind in der Nachbarschaft zu verschenken. Die Magd, der man aufgegeben hatte, sie, unter vielen anderen, alten Sachen, aufzusuchen, hatte inzwischen nicht mehr gefunden, als die sechs, die den Namen: Nicolo ausmachen; wahrscheinlich weil die andern, ihrer geringeren Beziehung auf den Knaben wegen, minder in Acht genommen und, bei welcher Gelegenheit es sei, verschleudert worden waren. Da nun Nicolo die Lettern, welche seit mehreren Tagen auf dem Tisch lagen, in die Hand nahm, und w?hrend er, mit dem Arm auf die Platte gestützt, in trüben Gedanken brütete, damit spielte, fand er - zuf?llig, in der Tat, selbst, denn er erstaunte darüber, wie er noch in seinem Leben nicht getan - die Verbindung heraus, welche den Namen: Colino bildet. Nicolo, dem diese logogriphische Eigenschaft seines Namens fremd war, warf, von rasenden Hoffnungen von neuem getroffen, einen ungewissen und scheuen Blick auf die ihm zur Seite sitzende Elvire. Die übereinstimmung, die sich zwischen beiden W?rtern angeordnet fand, schien ihm mehr als ein blo?er Zufall, er erwog, in unterdrückter Freude, den Umfang dieser sonderbaren Entdeckung, und harrte, die H?nde vom Tisch genommen, mit klopfendem Herzen des Augenblicks, da Elvire aufsehen und den Namen, der offen da lag, erblicken würde. Die Erwartung, in der er stand, t?uschte ihn auch keineswegs; denn kaum hatte Elvire, in einem mü?igen Moment, die Aufstellung der Buchstaben bemerkt, und harmlos und gedankenlos, weil sie ein wenig kurzsichtig war, sich n?her darüber hingebeugt, um sie zu lesen: als sie schon Nicolos Antlitz, der in scheinbarer Gleichgültigkeit darauf niedersah, mit einem sonderbar beklommenen Blick überflog, ihre Arbeit, mit einer Wehmut, die man nicht beschreiben kann, wieder aufnahm, und, unbemerkt wie sie sich glaubte, eine Tr?ne nach der anderen, unter sanftem Err?ten, auf ihren Scho?fallen lie?. Nicolo, der alle diese innerlichen Bewegungen, ohne sie anzusehen, beobachtete, zweifelte gar nicht mehr, da?sie unter dieser Versetzung der Buchstaben nur seinen eignen Namen verberge. Er sah sie die Buchstaben mit einemmal sanft übereinander schieben, und seine wilden Hoffnungen erreichten den Gipfel der Zuversicht, als sie aufstand, ihre Handarbeit weglegte und in ihr Schlafzimmer verschwand. Schon wollte er aufstehen und ihr dahin folgen: als Piachi eintrat, und von einer Hausmagd, auf die Frage, wo Elvire sei? zur Antwort erhielt: ?da? sie sich nicht wohl befinde und sich auf das Be tt gelegt habe.?Piachi, ohne eben gro?e Bestürzung zu zeigen, wandte sich um, und ging, um zu sehen, was sie mache; und da er nach einer Viertelstunde, mit der Nachricht, da? sie nicht zu Tische kommen würde, wiederkehrte und weiter kein Wort darüber verlor: so glaubte Nicolo den Schlüssel zu allen r?tselhaften Auftritten dieser Art, die er erlebt hatte, gefunden zu haben. Am andern Morgen, da er, in seiner sch?ndlichen Freude, besch?ftigt war, den Nutzen, den er aus dieser Entdeckung zu ziehen hoffte, zu überlegen, erhielt er ein Billet von Xavieren, worin sie ihn bat, zu ihr zu kommen, indem sie ihm, Elviren betreffend, etwas, das ihm interessant sein würde, zu er?ffnen h?tte. Xaviera stand, durch den Bischof, der sie unterhielt, in der engsten Verbindung mit den M?nchen des Karmeliterklosters; und da seine Mutter in diesem Kloster zur Beichte ging, so zweifelte er nicht, da? es jener m?glich gewesen w?re, über die geheime Geschichte ihrer Empfindungen Nachrichten, die seine unnatürlichen Hoffnungen best?tigen konnten, einzuziehen. Aber wie unangenehm, nach einer sonderbaren schalkhaften Begrü?ung Xavierens, ward er aus der Wiege genommen, als sie ihn l?chelnd auf den Diwan, auf welchem sie sa?, niederzog, und ihm sagte: sie müsse ihm nur er?ffnen, da?der Gegenstand von Elvirens Liebe ein, schon seit zw?lf Jahren, im Grabe schlummernder Toter sei. - Aloysius, Marquis von Montferrat, dem ein Oheim zu Paris, bei dem er erzogen worden war, den Zunamen Collin, sp?terhin in Italien scherzhafter Weise in Colino umgewandelt, gegeben hatte, war das Original des Bildes, das er in der Nische, hinter dem rotseidenen Vorhang, in Elvirens Zimmer entdeckt hatte; der junge, genuesische Ritter, der sie, in ihrer Kindheit, auf so edelmütige Weise aus dem Feuer gerettet und an den Wunden, die er dabei empfangen hatte, gestorben war. - Sie setzte hinzu, da? sie ihn nur bitte, von diesem Geheimnis weiter keinen Gebrauch zu machen, indem es ihr, unter dem Siegel der ?u?ersten Verschwiegenheit, von einer Person, die selbst kein eigentliches Recht darüber habe, im Karmeliterkloster anvertraut worden sei. Nicolo versicherte, indem Bl?sse und R?te auf seinem Gesicht wechselten, da?sie nichts zu befürchten habe; und g?nzlich au?er Stand, wie er war, Xavierens schelmischen Blicken gegenüber, die Verlegenheit, in welche ihn diese Er?ffnung gestürzt hatte, zu verbergen, schützte er ein Gesch?ft vor, das ihn abrufe, nahm, unter einem h??lichen Zucken seiner Oberlippe, seinen Hut, empfahl sich und ging ab. Besch?mung, Wollust und Rache vereinigten sich jetzt, um die abscheulichste Tat, die je verübt worden ist, auszubrüten. Er fühlte wohl, da?Elvirens reiner Seele nur durch einen Betrug beizukommen sei; und kaum hatte ihm Piachi, der auf einige Tage aufs Land ging, das Feld ger?umt, als er auch schon Anstalten traf, den satanischen Plan, den er sich ausgedacht hatte, ins Werk zu richten. Er besorgte sich genau denselben Anzug wieder, in welchem er, vor wenig Monaten, da er zur Nachtzeit heimlich vom Karneval zurückkehrte, Elviren erschienen war; und Mantel, Kollett und Federhut, genuesischen Zuschnittts, genau so, wie sie das Bild trug, umgeworfen, schlich er sich, kurz vor dem Schlafengehen, in Elvirens Zimmer, hing ein schwarzes Tuch über das in der Nische stehende Bild, und wartete, einen Stab in der Hand, ganz in der Stellung des gemalten jungen Patriziers, Elvirens Verg?tterung ab. Er hatte auch, im Scharfsinn seiner sch?ndlichen Leidenschaft, ganz richtig gerechnet; denn kaum hatte Elvire, die bald darauf eintrat, nach einer stillen und ruhigen Entkleidung, wie sie gew?hnlich zu tun pflegte, den seidnen Vorhang, der die Nische bedeckte, er?ffnet und ihn erblickt: als sie schon: Colino! Mein Geliebter! rief und ohnm?chtig auf das Get?fel des Bodens niedersank. Nicolo trat aus der N ische hervor; er stand einen Augenblick, im Anschauen ihrer Reize versunken, und betrachtete ihre zarte, unter dem Ku?des Todes pl?tzlich erblassende Gestalt: hob sie aber bald, da keine Zeit zu verlieren war, in seinen Armen auf, und trug sie, indem er das schwarze Tuch von dem Bild herabri?, auf das im Winkel des Zimmers stehende Bett. Dies abgetan, ging er, die Tür zu verriegeln, fand aber, da? sie schon verschlossen war; und sicher, da?sie auch nach Wiederkehr ihrer verst?rten Sinne, seiner phantastischen, dem Ansehen nach überirdischen Erscheinung keinen Widerstand leisten würde, kehrte er jetzt zu dem Lager zurück, bemüht, sie mit hei?en Küssen auf Brust und Lippen aufzuwecken. Aber die Nemesis, die dem Frevel auf dem Fu? folgt, wollte, da? Piachi, den der Elende noch auf mehrere Tage entfernt glaubte, unvermutet, in eben dieser Stunde, in seine Wohnung zurückkehren mu?te; leise, da er Elviren schon schlafen glaubte, schlich er durch den Korridor heran, und da er immer den Schlüssel bei sich trug, so gelang es ihm, pl?tzlich, ohne da? irgend ein Ger?usch ihn angekündigt h?tte, in das Zimmer einzutreten. Nicolo stand wie vom Donner gerührt; er warf sich, da seine Büberei auf keine Weise zu bem?nteln war, dem Alten zu Fü?en, und bat ihn, unter der Beteurung, den Blick nie wieder zu seiner Frau zu erheben, um Vergebung. Und in der Tat war der Alte auch geneigt, die Sache still abzumachen; sprachlos, wie ihn einige Worte Elvirens gemacht hatten, die sich von seinen Armen umfa?t, mit einem entsetzlichen Blick, den sie auf den Elenden warf, erholt hatte, nahm er blo?, indem er die Vorh?nge des Bettes, auf welchem sie ruhte, zuzog, die Peitsche von der Wand, ?ffnete ihm die Tür und zeigte ihm den Weg, den er unmittelbar wandern sollte. Doch dieser, eines Tartüffe v?llig würdig, sah nicht sobald, da?auf diesem Wege nichts auszurichten war, als er pl?tzlich vom Fu?boden erstand und erkl?rte: an ihm, dem Alten, sei es, das Haus zu r?umen, denn er durch vollgültige Dokumente eingesetzt, sei der Besitzer und werde sein Recht, gegen wen immer auf der Welt es sei, zu behaupten wissen! - Piachi traute seinen Sinnen nicht; durch diese unerh?rte Frechheit wie entwaffnet, legte er die Peitsche weg, nahm Hut und Stock, lief augenblicklich zu seinem alten Rechtsfreund, dem Doktor Valerio, klingelte eine Magd heraus, die ihm ?ffnete, und fiel, da er sein Zimmer erreicht hatte, bewu?tlos, noch ehe er ein Wort vorgebracht hatte, an seinem Bette nieder. Der Doktor, der ihn und sp?terhin auch Elviren in seinem Hause aufnahm, eilte gleich am andern Morgen, die Festsetzung des h?llischen B?sewichts, der mancherlei Vorteile für sich hatte, auszuwirken; doch w?hrend Piachi seine machtlosen Hebel ansetzte, ihn aus den Besitzungen, die ihm einmal zugeschrieben waren, wieder zu verdr?ngen, flog jener schon mit einer Verschreibung über den ganzen Inbegriff derselben, zu den Karmeliterm?nchen, seinen Freunden, und forderte sie auf, ihn gegen den alten Narren, er ihn daraus vertreiben wolle, zu beschützen. Kurz, da er Xavieren, welche der Bischof los zu sein wünschte, zu heiraten willigte, siegte die Bosheit, und die Regierung erlie?, auf Vermittelung dieses geistlichen Herrn, ein Dekret, in welchem Nicolo in den Besitz best?tigt und dem Piachi aufgegeben ward, ihn nicht darin zu bel?stigen. Piachi hatte gerade Tags zuvor die unglückliche Elvire begraben, die an den Folgen eines hitzigen Fiebers, das ihr jener Vorfall zugezogen hatte, gestorben war. Durch diesen doppelten Schmerz gereizt, ging er, das Dekret in der Tasche, in das Haus, und stark, wie die Wut ihn machte, warf er den von Natur schw?cheren Nicolo nieder und drückte ihm das Gehirn an der Wand ein. Die Leute die im Hause waren, bemerkten ihn nicht eher, als bis die Tat geschehen war; sie fanden ihn noch, da er den Nicolo zwischen den Knien hielt, und ihm das Dekret in den Mund stopfte. Dies abgemacht, stand er, indem er alle seine Waffen abgab, auf; ward ins Gef?ngnis gesetzt, verh?rt und verurteilt, mit dem Strange vom Leben zum Tode gebracht zu werden. In dem Kirchenstaat herrscht ein Gesetz, nach welchem kein Verbrecher zum Tode geführt werden kann, bevor er die Absolution empfangen. Piachi, als ihm der Stab gebrochen war, verweigerte sich hartn?ckig der Absolution. Nachdem man vergebens alles, was die Religion an die Hand gab, versucht hatte, ihm die Strafwürdigkeit seiner Handlung fühlbar zu machen, hoffte man, ihn durch den Anblick des Todes, der seiner wartete, in das Gefühl der Reue hineinzuschrecken, und führte ihn nach dem Galgen hinaus. Hier stand ein Priester und schilderte ihm, mit der Lunge der letzten Posaune, alle Schrecknisse der H?lle, in die seine Seele hinabzufahren im Begriff war; dort ein anderer, den Leib des Herrn, das heilige Entsühnungsmittel in der Hand, und pries ihm die Wohnungen des ewigen Friedens. - ?Willst du der Wohltat der Erl?sung teilhaftig werden?? fragten ihn beide. ?Willst du das Abendmahl empfangen?? - Nein, antwortete Piachi. - ?Warum nicht??- Ich will nicht selig sein. Ich will in den untersten Grund der H?lle hinabfahren. Ich will den N icolo, der nicht im Himmel sein wird, wiederfinden, und meine Rache, die ich hier nur unvollst?ndig befriedigen konnte, wieder aufnehmen! - Und damit bestieg er die Leiter und forderte den Nachrichter auf, sein Amt zu tun. Kurz, man sah sich gen?tigt, mit der Hinrichtung einzuhalten, und den Unglücklichen, den das Gesetz in Schutz nahm, wieder in das Gef?ngnis zurückzuführen. Drei hinter einander folgende Tage machte man dieselben Versuche und immer mit demselben Erfolg. Als er am dritten Tage wieder, ohne an den Galgen geknüpft zu werden, die Leiter herabsteigen mu?te: hob er, mit einer grimmigen Geb?rde, die H?nde empor, das unmenschliche Gesetz verfluchend, das ihn nicht zur H?lle fahren lassen wolle. Er rief die ganze Schar der Teufel herbei, ihn zu holen, verschwor sich, sein einziger Wunsch sei, gerichtet und verdammt zu werden, und versicherte, er würde noch dem ersten, besten Priester an den Hals kommen, um des Nicolo in der H?lle wieder habhaft zu werden! - Als man dem Papst dies meldete, befahl er, ihn ohne Absolution hinzurichten; kein Priester begleitete ihn, man knüpfte ihn, ganz in der Stille, auf dem Platz del popolo auf.
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